Kommunikationsbarrieren bei Sehbehinderungen abbauen
Kommunikationsbarrieren bei Menschen mit Sehbehinderungen treten je nach vorhandenen visuellen Fähigkeiten unterschiedlich auf. Sehbehinderungen sind nicht immer sichtbar und Menschen mit Sehbehinderungen sind eine heterogene Gruppe mit individuellen Bedürfnissen. Daher gilt: Betroffene direkt ansprechen und nach ihren Bedürfnissen fragen!
Personen mit eingeschränkter Sehkraft haben oft Schwierigkeiten, nonverbale Signale wie Mimik, Gestik oder visuelle Hinweise zu erfassen. Auch das Lesen von Texten, Schildern oder Bildschirmen ist ohne Hilfsmittel erschwert. Vergrösserungshilfen oder Screenreader können unterstützen, sind jedoch nicht überall verfügbar. Blinde Personen sind auf auditive und taktile Kommunikationsformen angewiesen, etwa auf Reliefschrift, Audiobeschreibungen oder assistive Technologien. Zentral ist grundsätzlich das Mehr-Sinne-Prinzip: Inhalte sollten über mehrere Sinne vermittelt werden.
Im digitalen Raum sind Menschen mit Sehbehinderungen auf barrierefreie Formate angewiesen. Ungenügende Farbkontraste oder nicht skalierbare Schrift erschweren die Nutzung digitaler Inhalte für Menschen mit Sehbehinderungen. Oft fehlen Alternativtexte für Bilder oder Audiobeschreibungen. Bei der Audiobeschreibungen werden visuelle Vorgänge in einem Film von einer Kommentarstimme beschrieben.
Für Menschen mit eingeschränkter Sehkraft, die nicht blind sind, kann ein Bildschirmvergrösserungsprogramm hilfreich sein, das den Inhalt des Bildschirms vergrössert und so die Lesbarkeit verbessert.
Mögliche Hilfsmittel sind Bildschirmvorleseprogramme (sog. Screenreader). Diese stossen jedoch an ihre Grenzen, wenn Tabellen oder visuelle Elemente nicht korrekt strukturiert und beschriftet sind. Ergänzend zum Screenreader können blinde Personen eine sogenannte Braillezeile nutzen. Dabei handelt es sich um ein spezielles Ausgabegerät, das Bildschirminhalte taktil in Brailleschrift darstellt. Wichtig: Nicht alle sehbehinderten Personen können Braille lesen!
Massnahmen für schriftliche und/oder digitale Informationen
- Mehr-Sinne-Prinzip anwenden:
- Alternativtexte und Audiobeschreibungen für Bilder, Graphiken oder Tabellen zur Verfügung stellen (siehe auch «Audiodeskription» bei Hilfsmittel für eine barrierefreie digitale Kommunikation)
- Texte zusätzlich als Audioversion oder in Braille-/Reliefschrift bereitstellen. Die Schweizer Fachstelle Hindernisfreie Architektur bietet ein Merkblatt zu Reliefschrift (PDF) an. Es enthält Anforderungen gemäss SIA 500 sowie Hinweise zu Herstellerfirmen und Bezugsquellen. Für die Erstellung von Dokumenten in Braille-Schrift können spezialisierte Druckereien oder Braille-Drucker genutzt werden, z. B. von AccessTech oder der Schweizerischen Bibliothek für Blinde.
- Videos untertiteln (siehe auch «Untertitelung von Videos» bei Hilfsmittel für eine barrierefreie digitale Kommunikation).
- Besonders bei zentralen und/oder längeren Dokumenten empfiehlt sich eine barrierefreie digitale Version (siehe Hilfsmittel für eine barrierefreie digitale Kommunikation).
- Kontrastreiche, gut lesbare Schriftarten in ausreichend grosser Grösse oder skalierbarer Schrift verwenden. Kostenloses Testingtool: Colour Contrast Analyser (CCA) - TPGi (Seite auf Englisch)
- «Zugang für alle» bietet Beratung, Testing, Zertifizierung und Schulungen zur digitalen Barrierefreiheit: access-for-all.ch
Massnahmen für die direkte persönliche Kommunikation
Sehbehinderungen sind nicht immer sichtbar und Bedürfnisse individuell. Daher gilt: Betroffene ansprechen und direkt Bedürfnisse erfragen! Weitere Tipps:
- Tragen Sie ein Namensschild, das kontrastreich und möglichst gross beschriftet ist (nicht spiegelnd).
- Stellen Sie sich namentlich vor, auch wenn Sie ein Namensschild tragen.
- Fragen Sie, wie viel Unterstützung gewünscht wird.
- Kündigen Sie an, wenn Sie den Raum betreten oder verlassen. Bieten Sie an, die Klientin oder den Klienten beim Eingang abzuholen und begleiten Sie sie oder ihn zum Beratungsraum.
- Beschreiben Sie den Wegverlauf klar: Ziel, Richtungswechsel, Stufen oder Hindernisse.
- Nutzen Sie präzise Beschreibungen (z. B. «der Stuhl rechts neben der Tür“) und vermeiden Sie allgemeine Hinweise wie „dort drüben».
- Führen Sie die Person ggf. zum Sitzplatz und informieren Sie sie über die Umgebung.
- Verrücken Sie keine Gegenstände der Person (z. B. Tasse oder Stock), sonst kann sie sie nicht wiederfinden.
Informations- und Simulationsmaterial zur Sensibilisierung
Der Schweizerische Zentralverein für das Blindenwesen (SZBLIND) bietet eine Vielzahl an Materialien und Einblicken in die Lebenswelt sehbehinderter Menschen:
Weiterführende Informationen
Weitere Informationen zu Menschen mit Sehbehinderungen erhalten Sie unter Informationen zu verschiedenen Behinderungsarten. Hier finden Sie auch Hinweise auf weitere Wissens- und Weiterbildungsgrundlagen, z. B. die Fachbibliothek von SZBLIND oder deren Weiterbildungen für Fachpersonen.
