Behindertengleichstellungsgesetz BehiG
Die Bundesverfassung verbietet die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen (Art. 8 Absatz 2) und sieht gesetzliche Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen vor (Art. 8 Abs. 4) vor. Das Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz, BehiG; SR 151.3) setzt die Beseitigung von Benachteiligungen in zentralen Bereichen um.
20 Jahre nach seinem Inkrafttreten wird das BehiG zurzeit im Parlament überarbeitet: Weitere Informationen dazu finden Sie hier:
Zweck
Das BehiG setzt Rahmenbedingungen, die es Menschen mit Behinderungen erleichtern, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und insbesondere selbstständig soziale Kontakte zu pflegen, sich aus- und fortzubilden und eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Die in der Verfassung vorgesehenen Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen sind neben dem BehiG auch in anderen Gesetzen geregelt (wie z.B. im Berufsbildungsgesetz, Personenbeförderungsgesetz, Fernmeldegesetz, etc.).
Geltungsbereich
Das Gesetz gilt für folgende Bereiche:
- öffentlich zugängliche Bauten und Anlagen;
- Inanspruchnahme des öffentlichen Verkehrs: öffentlich zugängliche Einrichtungen des öffentlichen Verkehrs (Bauten, Anlagen, Kommunikationssysteme, Billettbezug) und Fahrzeuge;
- Inanspruchnahme von Dienstleistungen;
- Aus- und Weiterbildung;
- Arbeitsverhältnisse, welche dem Bundespersonalgesetz unterliegen.
Weiter regelt das Gesetz die Rolle und Aufgaben des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen, die Beschwerde- und Klagerechte von Menschen mit Behinderungen und ihren Organisationen, sowie die Vergabe von Finanzhilfen zur Unterstützung von Projekten zur Förderung der Integration von Menschen mit Behinderungen.
- Botschaft des Bundesrates zum Behindertengleichstellungsgesetz BehiG
- Behindertengleichstellungsgesetz BehiG
- Behindertengleichstellungsverordnung BehiV
Bauten und Anlagen
Das BehiG bezweckt die Verbesserung der Zugänglichkeit. Es gilt für öffentlich zugängliche Bauten und Anlagen, Wohngebäude mit mehr als 8 Wohneinheiten und Gebäude mit mehr als 50 Arbeitsplätzen, welche nach Inkrafttreten dieses Gesetzes gebaut oder erneuert werden. Als öffentlich zugängliche Bauten und Anlagen gelten z. B. Läden, Banken, Restaurants, Hotels, Theater, Museen, Bibliotheken, Parkhäuser, öffentliche Parkanlagen, Schwimmbäder und Stadien.
Öffentlicher Verkehr
Das BehiG sieht vor, dass der Bundesrat Vorschriften erlässt, um ein behindertengerechtes öffentliches Verkehrssystem sicherzustellen. Die Verordnung über die behindertengerechte Gestaltung des öffentlichen Verkehrs (VböV) regelt die funktionalen Anforderungen an die Einrichtungen, die Fahrzeuge und die Dienstleistungen des öffentlichen Verkehrs (Art. 1 Abs. 2 Bst. a).
Für die Anpassung aller Bauten, Anlagen und Fahrzeuge war im Gesetz eine Frist bis Ende 2023 gesetzt. Bei rund 500 der insgesamt 1800 Bahnhöfe und Bahn-Haltestellen haben die Unternehmen die gesetzliche Frist von Ende 2023 indes nicht eingehalten. Hier müssen sie Überbrückungsmassnahmen (Hilfe durchs Bahnpersonal oder allenfalls Shuttledienst) anbieten, bis die Bahnhöfe für Menschen mit Beeinträchtigung grundsätzlich autonom benutzbar sind.
Das Bundesamt für Verkehr (BAV) unterstützt die Unternehmen bei der Umsetzung des BehiG. Bei den verspäteten Bahnhofs-Umbauprojekten hat es von den Unternehmen Termin- und Finanzierungspläne eingefordert, damit sich die Umsetzung nicht weiter verzögert.
Dienstleistungen
Das BehiG gilt für Dienstleistungen, die von Privaten, von Unternehmen mit einer Infrastrukturkonzession nach Artikel 5 des Eisenbahngesetzes (EBG) oder einer Personenbeförderungskonzession nach Artikel 6 des Personenbeförderungsgesetzes (PBG) oder von öffentlich-rechtlichen Körperschaften erbracht werden. Erfasst sind öffentliche Dienstleistungen der Verwaltung wie Grundbuch- oder Handelsregister, oder in eingeschränkter Weise auch von Privaten wie Restaurants, Hotels, Schwimmbäder oder Theater. Das BehiG gilt auch für die Aus- und Weiterbildung, dies umfasst alle Bildungsangebote, die in der Zuständigkeit des Bundes liegen.
Grundschulunterricht
Für die obligatorische Schulbildung sind in der Schweiz die Kantone zuständig. Artikel 20 BehiG nennt dennoch die Verpflichtung der Kantone, dafür zu sorgen, dass behinderte Kinder und Jugendliche eine Grundschulung erhalten, die ihren besonderen Bedürfnissen angepasst ist. Zudem sollen die Kantone mit entsprechenden Schulungsformen die Integration von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen in der Regelschule fördern und dafür sorgen, dass wahrnehmungs- und artikulationsbehinderte Kinder und Jugendliche eine auf die Behinderung abgestimmte Kommunikationstechnik erlernen können.
Arbeit
Das BehiG betrifft nur durch das Bundespersonalgesetz (BPG) geregelte Arbeitsverhältnisse, d. h. wenn der Bund Arbeitgeber ist. Gemäss Artikel 13 BehiG setzt der Bund als Arbeitgeber alles daran, Menschen mit Behinderungen gleiche Chancen wie nicht Behinderten anzubieten. Bei allen Arbeitsverhältnissen und auf allen Ebenen, namentlich jedoch bei den Anstellungen, trifft der Bund die zur Umsetzung des Gesetzes erforderlichen Massnahmen.
