Barrierefreie Räume, Gebäude und Infrastruktur
Barrierefreiheit ist ein grundlegender Aspekt für die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben. Im Kontext des Bauens und der Gestaltung öffentlicher Infrastrukturen bedeutet Barrierefreiheit, dass Räume, Gebäude und Angebote so gestaltet werden, dass sie von Menschen mit unterschiedlichsten körperlichen und sensorischen Voraussetzungen ohne fremde Hilfe genutzt werden können. Hindernisfreies Bauen umfasst dabei bauliche Massnahmen wie schwellenlose Zugänge, ausreichend breite Türen, barrierefreie WCs und auch geeignete Orientierungshilfen, die nach dem Mehr-Sinne-Prinzip gestaltet sind und sowohl visuelle als auch akustische und taktile Informationen bereitstellen, um die Nutzung zu erleichtern. Zudem soll auf reizarme Umgebungen und flexible Beleuchtungskonzepte geachtet werden. In der Schweiz sind die rechtlichen Grundlagen und Normen zum hindernisfreien Bauen und zur barrierefreien Infrastruktur sowohl auf nationaler als auch kantonaler Ebene verankert.

SIA: Hindernisfreie Bauten
Die Norm SIA 500 «Hindernisfreie Bauten» kann hier bestellt werden.

Bedienelemente und Orientierungshilfen
Beim barrierefreien Bauen ist es entscheidend, dass Bedienelemente und Orientierungshilfen nach dem Mehr-Sinne-Prinzip gestaltet werden. Informationen sollen visuell, akustisch und/oder taktil zugänglich sein. So muss beispielsweise bei manuell betätigten Türen mit elektrischer Türfallenfreigabe sowohl ein akustisches als auch ein visuelles Signal die Freigabe anzeigen – damit auch Personen mit Hörbehinderungen erkennen, wann die Tür geöffnet werden kann. Gegensprechanlagen sollten zusätzlich über Lichtsignale verfügen, die anzeigen, wann die Gegenstelle zum Gespräch bereit ist. Ideal sind Systeme, bei denen sich die Lautstärke automatisch an die Umgebungsgeräusche anpasst. Beschriftungen (z. B. von Räumen oder Liftetagen) und Piktogramme müssen kontrastreich, ertastbar und leicht verständlich sein. Bedienelemente sollen einfach, mit geringem Kraftaufwand nutzbar und möglichst fehlbedienungssicher sein. Der ausschliessliche Einsatz von Touchscreens oder berührungslosen Sensoren ist ungeeignet.

Ausstattung von Serviceschaltern, Informationstheken und Warteräumen
Serviceschalter, Informationstheken und Warteräume müssen so gestaltet sein, dass sie für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen gut nutzbar sind.

Gestaltung des Zirkulationsbereichs
Zirkulationsbereiche sind jene Bereiche innerhalb eines Gebäudes, die dem Personenfluss und der Fortbewegung dienen – etwa Flure und Korridore, die verschiedene Räume miteinander verbinden. Diese Bereiche sollten möglichst frei von Hindernissen sein. Falls fest installierte Elemente wie unterlaufbare Treppen oder Dekorationen vorhanden sind, müssen sie durch geeignete Sicherheitsmarkierungen deutlich kenntlich gemacht werden. Auch temporäre Hindernisse – wie etwa Putzutensilien – sind nach Möglichkeit zu vermeiden. Lassen sich solche Hindernisse nicht vollständig vermeiden, müssen sie wenigstens ertastbar und gut sichtbar sein. Ein hindernisfreier Zirkulationsbereich sollte mindestens 1,5 Meter breit sein und sich sowohl taktil als auch visuell klar von angrenzenden Bereichen unterscheiden – beispielsweise durch Farbkontraste, Leitsysteme oder unterschiedliche Bodenbeläge.

Sicherheitsmarkierungen
Transparente Ausstattungselemente und Glasflächen müssen mit kontrastierenden Markierungsstreifen versehen sein, die sich über die gesamte Breite erstrecken und in Höhen von 40–70 cm sowie 120–160 cm angebracht sind. Die Streifen sollten auch bei wechselnden Hintergründen und Lichtverhältnissen gut erkennbar sein. Eine Breite von 8 cm wird empfohlen. Ungesicherte Elemente wie Pflanzen, Dekorationen oder unterlaufbare Treppen sowie andere Hindernisse können die Mobilität beeinträchtigen und bergen Risiken – insbesondere für Menschen mit Behinderungen. (Temporäre) Hindernisse müssen daher mindestens ertastbar und gut sichtbar sein.

Beleuchtung
Eine gute Raumbeleuchtung ist zentral für Orientierung und Informationsaufnahme. Mit dem Alter steigt der Lichtbedarf, und die Empfindlichkeit gegenüber Blendung nimmt zu. Für Personen mit Sehbehinderungen erschweren ungünstige Lichtverhältnisse zusätzlich die Orientierung und das Erkennen von Informationen.

Sitzelemente
Sitzelemente sind ein wichtiger Bestandteil der Innen- und Aussenausstattung. Für Personen mit eingeschränkter Ausdauer sind regelmässige Ausruhmöglichkeiten essenziell. Im Aussenbereich sollten entlang längerer Wege Sitzgelegenheiten in angemessenem Abstand vorhanden sein, im Innenraum ausreichend Sitzmöglichkeiten. Für Personen mit Kleinwuchs eignen sich Bänke mit 30 cm Sitzhöhe und -tiefe. Standardmässig sollten Sitzelemente eine Höhe von 45 bis 47 cm aufweisen. Verschiebbare Sitzelemente erhöhen zusätzlich die Flexibilität.

Brandschutz und Evakuierung
Barrierefreiheit ist im Brandschutz und in Evakuierungskonzepten zwingend zu berücksichtigen, um Menschen mit Behinderungen in Notsituationen wirksam schützen zu können. Standardmässige Fluchtwege oder -methoden sind für Personen mit Mobilitäts-, Seh- oder Hörbehinderungen oft ungeeignet oder sogar gefährlich. Ohne entsprechende Massnahmen besteht das Risiko, dass Betroffene im Ernstfall nicht rechtzeitig fliehen können. Evakuierungswege müssen daher barrierefrei gestaltet sein – zum Beispiel mit ausreichend breiten Fluchtwegen, taktilen Leitsystemen sowie visuellen und akustischen Signalen. Details zur Ausgestaltung von barrierefreien Fluchtwegen und Schutzbereichen finden sich in der Norm SIA 500.

Kommunikation über (Nicht-)Barrierefreiheit von Räumen, Gebäuden und Infrastruktur
Auch die Kommunikation über die (Nicht-)Barrierefreiheit von Räumen und Gebäuden ist zentral. Soziale Beratungsangebote sollten klar und proaktiv darüber informieren, ob und wie ihre Räumlichkeiten für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen zugänglich sind.Diese Angaben gehören auf die Website, in Broschüren oder Wegbeschreibungen – idealerweise barrierefrei gestaltet. Für sehbehinderte Personen sind detaillierte, taktil oder akustisch erfassbare Wegleitungen hilfreich.Je nach Bedarf kann auch eine persönliche Abholung an der nächstgelegenen ÖV-Haltestelle angeboten werden. Zusätzlich empfiehlt sich der Eintrag auf barrierefreiheitsbezogenen Plattformen wie z. B. Ginto.